Wenn ich in Unternehmen eintrete, ist eines meiner liebsten Werkzeuge für schnelle, aufschlussreiche Prozessanalysen ganz unspektakulär: Sticky Notes. Mit ihnen lassen sich in kurzer Zeit sichtbare Ineffizienzen aufdecken, Beteiligte einbinden und sofort umsetzbare Hypothesen zur Verbesserung bilden. In diesem Text beschreibe ich meine erprobte Methode, gebe praktische Templates, nenne typische Fallen und zeige, wie sich die Ergebnisse direkt in Maßnahmen überführen lassen.
Warum Sticky Notes?
Sticky Notes sind low-tech, aber hochwirksam: Sie sind schnell, visuell und fördern Beteiligung. Ich nutze sie, weil sie Raum für konkretes Denken schaffen — niemand muss lange slides bauen oder Prozessdiagramme zeichnen, um Handlungsbedarf sichtbar zu machen. Außerdem lassen sich Sticky Notes leicht umsortieren, clustern und priorisieren: genau das, was man in einer schnellen Prozessanalyse braucht.
Vorbereitung: Wen, Was, Wann
Für eine schnelle Prozessanalyse mit Sticky Notes plane ich meist 90–120 Minuten pro Team-Workshop. Die Vorbereitung umfasst:
Ich schicke vorab eine kurze Agenda und bitte die Teilnehmenden, konkrete Fälle oder rote Fäden aus der letzten Woche mitzubringen — das macht die Sitzung subito praxisnah.
Der Ablauf: Ein praxisbewährtes Format
Ich arbeite in vier Phasen, die sich in einer kompakten Session gut umsetzen lassen:
Ich nutze gerne einen Timer (z. B. auf dem Smartphone). Zeitdruck erhöht Fokus und verhindert langes Diskutieren über Details, die in einem späteren Deep-Dive kommen.
Beispiel-Template: Prozess-Board
| Spalte | Inhalt | Sticky-Farbe (Beispiel) |
|---|---|---|
| Prozessschritte | Einzelne Aktivitäten in Reihenfolge | Gelb |
| Metriken & Beobachtungen | Zeit, Häufigkeit, Fehler | Pink |
| Problempunkte | Was läuft schief / wieso Verzögerung | Orange |
| Hypothesen & Maßnahmen | Konkrete Tests / Quick Wins | Grün |
Wie man Ineffizienzen sofort erkennt
Beim Clustern achten ich auf Muster. Folgende Indikatoren zeigen häufig Ineffizienz:
Ein typisches Beispiel: In einem Sales-Onboarding-Workshop notierten mehrere Mitarbeitende, dass nach der Demo eine „manuelle Angebotsvorbereitung“ stattfindet (20–40 Minuten). Das war ein klarer Hebel: Vorlage + einfache Mail-Automation reduzierte die Zeit auf 5 Minuten und halbierte Fehler.
Priorisierung: Was zuerst testen?
Ich priorisiere nach drei Kriterien: Impact, Aufwand und Risiko. Ein einfaches 2x2 hilft: On-Boarding-Kickstart-Maßnahmen mit niedrigem Aufwand und hohem Impact sind die Quick Wins.
Visuell markiere ich diese Einordnung direkt am Board: grüne Punkte für Quick Wins, gelbe für mittelfristig und rote für „auf Eis“. Das schafft Klarheit und Entscheidungsgrundlage.
Messbar machen: Kleine Experimente
Aus meiner Erfahrung bringt nur messbares Testen echte Veränderung. Für jede Maßnahme formuliere ich ein einfaches Erfolgskriterium (KPI) und eine Laufzeit (meist 2–4 Wochen). Beispiel:
Ich dokumentiere Resultate direkt auf dem Board oder in einem One-Pager, sodass Entscheidungen datenbasiert getroffen werden können.
Digitale Alternative: Miro-Board
Wenn Teams verteilt sind, ersetze ich physische Sticky Notes durch Miro oder MURAL. Vorteil: gleiche Struktur, aber mit zusätzlichen Funktionen wie Timer, Voting und Ergebnisexport. Achten Sie auf klare Regeln (z. B. maximal ein Note pro Schritt pro Person), sonst wird das Board schnell unübersichtlich.
Typische Fallstricke
Bei meinen Workshops stoße ich immer wieder auf dieselben Stolpersteine:
Wie ich die Ergebnisse verankere
Nach der Session produziere ich kurz zusammengefasste Resultate: ein Foto des Boards, eine Liste der Quick Wins mit Ownern und ein KPI-Plan für die Tests. Ich empfehle eine Review-Session nach zwei Wochen, um Learnings zu sichern und weitere Schritte zu priorisieren.
Pragmatisch: Wenn ein Quick Win funktioniert, rolle ich ihn in einem Mini-Projekt mit klaren Tasks und Deadlines aus. Wenn ein Test scheitert, dokumentieren wir das Learning — oft führt das zu besseren, realistischen Lösungen.
Mit dieser Methode schaffe ich in kurzer Zeit nicht nur Transparenz, sondern auch Handlungsdruck — und genau das braucht es, um ineffiziente Prozesse schnell sichtbar und angreifbar zu machen.