In vielen mittelständischen Unternehmen taucht irgendwann die Frage auf: Ab welcher KPI‑Schwelle lohnt sich die Einstellung eines Head of Growth? Ich habe diese Frage in Projekten mit Gründern und Geschäftsführern immer wieder diskutiert — oft mit sehr unterschiedlichen Antworten. Hier teile ich meine praktische Sicht: welche Kennzahlen wirklich relevant sind, wie man den Bedarf validiert und welche Alternativen es gibt, bis die Einstellung wirtschaftlich Sinn ergibt.
Was bedeutet „Head of Growth“ in einem 10–50 Mitarbeiter Unternehmen?
Für mich ist ein Head of Growth kein reiner Marketingchef und auch kein reiner Produktmanager. In kleinen bis mittleren Firmen übernimmt diese Rolle die Schnittstelle zwischen Strategie, Marketing, Produkt und Sales — mit einem klaren Fokus auf skalierbares Wachstum. Typische Aufgaben:
In einem Team von 10–50 Mitarbeitern ist der Head of Growth meist hands‑on: er oder sie führt Experimente mit, setzt Prozesse auf und sorgt dafür, dass Wachstum nicht mehr zufällig, sondern planbar wird.
Welche KPIs sollten Sie betrachten — und warum?
Die Entscheidung für einen Head of Growth basiert nicht auf einer einzigen Metrik. Wichtige KPIs, die ich immer prüfe:
Diese Metriken erlauben, den wirtschaftlichen Hebel einer Growth‑Rolle abzuschätzen. Entscheidend ist das Verhältnis von LTV zu CAC: wenn LTV/CAC deutlich größer 1 ist (z. B. 3:1), existiert wirtschaftliches Potenzial — vorausgesetzt, man kann skalieren.
Praktische KPI‑Schwellen — meine Faustregeln
Aus meiner Erfahrung sind folgende Schwellenwerte nützlich als Orientierung (nicht als Dogma):
| KPI | Schwelle | Warum diese Schwelle? |
|---|---|---|
| MRR / Umsatz | Ab ~20.000–50.000 EUR MRR oder 250k–1M Jahresumsatz | Unternehmen haben genug Stabilität, damit Growth‑Investitionen wirken und ROI sichtbar wird. |
| LTV/CAC | ≥ 3 (oder klarer Pfad dorthin) | Skalierbare Akquise ist wirtschaftlich sinnvoll; andernfalls verbrennen Sie Budget. |
| Conversion Funnel | Stabile Baseline mit identifizierbaren Hebeln | Es müssen konkrete Hebel existieren (z. B. Landing → Trial mit >5% Conversion). |
| Experimentrate | 0–3 pro Monat → Ziel ≥5 | Growth skaliert über Testing; ohne Reichweite sind Experimente jedoch wenig aussagekräftig. |
Wenn mehrere dieser Schwellen erreicht sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Head of Growth effektiven Mehrwert schafft. Fehlen die Grundlagen, ist das Risiko groß, dass die Rolle nicht skaliert.
Kosten‑Nutzen‑Rechnung — was kostet ein Head of Growth?
Gehaltsspanne (Deutschland, 10–50 MA): 70k–120k EUR Jahresgehalt plus Nebenkosten; Senior‑Profil oder mit Equity kann teurer sein. Rechnen Sie mit ~1,2–1,6x on‑costs.
Break‑even‑Rechnung: Wenn ein Head of Growth innerhalb von 6–12 Monaten zusätzliche Kunden generiert oder Upsell aktiviert, die > Gesamtkosten decken, ist die Rolle gerechtfertigt. Bei SaaS bedeutet das z. B.: Bei einem durchschnittlichen MRR pro Kunde von 200 EUR benötigen Sie ~40–60 neue Abos im Jahr, um die Kosten zu decken — je nachdem, wie hoch Ihr LTV ist.
Wann stattdessen externe Unterstützung sinnvoll ist
Ich empfehle, nicht vorschnell einzustellen. Alternativen:
In mehreren Projekten habe ich erlebt, dass ein Fractional Head of Growth die beste Option ist, bevor eine Vollzeitstelle finanziell tragbar wird. So bauen Sie initial Prozesse und KPIs auf, ohne hohe Personalkosten zu tragen.
Wie validiert man den Bedarf praktisch? Mein 6‑Wochen‑Check
Wenn Sie unsicher sind, mache ich gerne das folgende Vorgehen — es ist kurz, billig und liefert klare Entscheidungskriterien:
Am Ende dieser 6 Wochen haben Sie eine konkrete Erwartung an den potenziellen Mehrwert (z. B. prognostizierte Umsatzsteigerung) und eine klare Empfehlung: hire / hire fractional / not yet.
Was in der Stellenbeschreibung nicht fehlen darf
Wenn Sie entscheiden, zu rekrutieren, sollte die Ausschreibung klar sein:
Persönliche Erfahrungen und Fallbeispiele
In einem Projekt mit einem B2B‑SaaS-Unternehmen (ca. 35 MA) war der MRR bei ~35k. Die LTV/CAC‑Relation war unklar, aber der Funnel zeigte klare Hebel: Trial → Paid Conversion lag bei 7%. Wir haben zunächst einen Fractional Head of Growth engagiert. Resultat nach 9 Monaten: verbesserte Onboarding‑Flows, 40% bessere Trial‑Conversion und eine skalierbare Paid‑Akquise‑Maschine. Das rechtfertigte sechs Monate später die Vollzeit‑Einstellung — und die Investition hat sich in weniger als einem Jahr amortisiert.
Andersherum: Ein e‑Commerce Kunde mit 12 Mitarbeitern hatte hohe Saisonalität und instabile Margen. Wir hätten zwar Wachstum generieren können, aber die Profitabilität war zu volatil — die Empfehlung war, interne Prozesse (Beschaffung, Pricing) zu stabilisieren, bevor ein Head of Growth eingestellt wird.